Doom ist ein Reboot, das gut geworden ist, gemessen an dem, was alles hätte schief laufen können.
Vor allem in Hinsicht auf viele aktuelle Entwicklungen in der Spieleindustrie, die einzig und allein nur noch profitorientiert ist ohne das geringste Interesse an künstlerischer Integrität oder Hingabe an eine Vision.
Trotzdem tue ich mich schwer, mich durch Doom 2016 durchzukämpfen, und das obwohl Doom eigentlich fast alles richtig macht.
Lest weiter warum…
Nie hat es mich mehr geschmerzt, zugeben zu müssen, dass der Funke nicht überspringen will, als bei Doom 2016.
Nicht nur, weil ich soooo verdammt lange auf ehemals Doom 4 gewartet hatte und ich deshalb grosszügig über die Schwächen des Spiels hinwegsehe, sondern auch vor allem, weil ich im Spiel sooo sehr merke, dass Doom 2016 mit echter und authentischer Hingabe und einer wundervollen ‘Scheiss drauf! Wir machens so, weil Doom!’-Attitüde gemacht wurde, welche es so schon lange nicht mehr im sogenannten “Trippel ÄÄÄY”-Bereich gibt und dessen Ende ziemlich exakt auf Dead Space 1 datiert werden kann, welches noch mit einer solchen artistischen Einstellung gemacht wurde.
Und trotzdem fühle ich es bei Doom nicht.
Doom, trotz aller Verspieltheit, Ehrlichkeit und Selbstironie, fühlt sich irgendwie unfertig und irgendwie uninspiriert an.
Und das liegt nicht an der Nähe des Reboots zu den ersten beiden Teilen von 1993\94.
Es fühlt sich an, als wollte das Entwicklerteam, nachdem soviel Arbeit an Doom 4 durch Bethesda in den Schredder geworfen wurde, einfach nur noch mit einem Spiel namens Doom fertig werden.
Irgendeins, egal was, hauptsache es steht Doom drauf, hat Hölle und die Monster sehen neunziger aus.
‘Hey, wir brauchen noch ne Gameplaymechanik!’
Ach ja… ähm, Arenakämpfe und Kantenklettern mit Doppelsprüngen.
‘Und Aufrüstungen?’
Jaja… wenns sein muss, was auch immer, macht einfach was ich vorgeschlagen habe fürs ganze Spiel hindurch.
‘Fürs GANZE Spiel Arenakämpfe und Klettermechanik?’
Ja, was denn? Wollt ihr etwa noch WEITERE neun Jahre an Doom arbeiten? Macht es hübsch und dann passt das schon.
‘Ok.’
Versteht mich nicht falsch.
Doom ist sehr poliert hinsichtlich der Grafik, Performance und Präsentation.
Technisch gesehen ist das hier so nah an der Doom-Bible, wie wir es überhaupt jemals bekommen können und auch werden.
Ich schmäler auch nicht die Leistung des Teams und Doom ist kein schlechtes Spiel.
Bewertet wäre Doom eine 8\10 von mir, aber es ist eines dieser Fälle, wo es mir auf einer persönlichen Ebene nicht zusagt.
Sozusagen die falsche Geschmacksrichtung.
Es ist schon ein Alarmzeichen, dass ich das Spiel in grösseren Häppchen spiele und zur Entspannung das Original Doom (und II) reinschmeisse und dort Fanmaps und Customlevel spiele (wird auch mal Zeit den Haufen von fast 3000 Wads für beide Teile mal auszusortieren).
Doom II ist einfach das bessere Spiel.
Das ist einfach die traurige Wahrheit und um ehrlich zu sein, Doom II tritt Doom 2016 in Grund und Boden.
Das ist nicht aufgrund von Nostalgie oder dem ‘Früher war alles besser’-Syndrom, sondern es ist einigen fatalen Gameplayentscheidungen geschuldet, welche dafür sorgen, dass Doom 2016 weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt.
Als allererstes und schlimmstes: Die Glory-Kill Pflicht!
Sorry Doom 2016!
Du bist nicht Brutal Doom, du warst nie Brutal Doom und du wirst niemals auf Augenhöhe mit Brutal Doom sein, denn die Entwickler von Doom 2016 haben völlig missverstanden, was Brutal Doom so erfolgreich gemacht hat.
Klar haben Brutal Dooms Fatalities und Brutalität einen grossen Anteil am Erfolg gehabt, aber wäre es nur das gewesen, hätte sich das Ding recht schnell über ein bis zwei Jahre abgenutzt, wie jede andere Novelty\Gimmick-Mod für Doom auch.
Ja, Brutal Dooms Fatalities geben auch Health zurück und ja, Gegner gehen nach einen gewissen Schaden in den “Fick mich in den Arsch”-Modus… (ach nee, das war Hentai-Doom), aber erstens sind die Fatalities in Brutal Doom OPTIONAL und zweitens und viel wichtiger regenerieren todgeweihte Gegner nicht wieder zurück in einen kampffähigen Zustand, was bei Doom 2016 der Fall ist und allein schon dadurch Glory-Kills zur Pflicht macht, will man nicht den selben Gegner wieder und wieder mit unzähliger Munitionsverschwendung auslöschen.
In Brutal Doom hingegen stirbt ein todgeweihter Gegner nach einiger Zeit und somit entgeht einem nur etwas Bonushealth und die Befriedigung eines saftigen Finishers.
Der Hauptfokus liegt aber weiterhin auf den Waffen, etwas, was eine unbrechbare Goldene Regel eines jeden Egoshooters ist, und vor allem ist die Balance aus Waffenschaden, Minutionsverteilung und Gegnerhealth gewahrt und trotz aller massiven Änderungen, die Brutal Doom vornimmt, fast identisch mit Vanilla-Doom.
Aber vor allem ist Brutal Doom, trotz seines Namens, wie auch Doom I und II taktisch und strategisch.
Man könnte sie als dumme Shooter abstempeln, in denen man den Trigger gedrückt hält und solange auf die Gegner draufhält bis nix mehr steht.
Wer Doom, besonders Doom II so spielt, wird nicht besonders glücklich werden.
Bei meinem durchschnittlichen Zusammenstoss mit Gegnergruppen habe ich bei Brutal\Doom\II meist folgende Optionen, wenn nicht gerade Arch-Viles und Chaingun-Dudes im Spiel sind:
Rein und Trigger halten, meist mit der Waffe mit dem grössten Munitionsüberschuss (meist Shot-\Chaingun).
Gegner in einen strategisch vorteilhafteren Bereich des Levels locken, enge Gänge\Türen und Ähnliches.
Monster-Infights provozieren und das Chaos geniessen.
Gruppe ignorieren und (wenn möglich\offen) in einen fortgeschritteneren Bereich des Levels rennen, um aufzurüsten oder Munition zu sparen.
Wenn möglich maximalen Abstand erreichen und mit der Chaingun oder Brutal Dooms Sturmgewehr Gegner vom Schwächsten\Hitscan-basierten zum (soweit die Munition reicht) Stärksten snipern.
Mit Berserk\Kettensäge um eine Ecke stehen und Gegner einen nach dem anderen ausschalten, wenn sie um die Ecke kommen.
Die stärkste Waffe auswählen und versuchen, die Gruppe so schnell wie möglich mit roher Gewalt auszuschalten.
Doom 2016 gibt mir im Grunde nur die letzte beschriebene Option, da jeder Versuch eines taktischen Spiels abseits von Glory-Kills mit dem Verlust von fast sämtlicher Munition durch die aus ihrer Benommenheit wieder regenerierenden Gegnern bestraft wird.
Ich habe das mal mit dem Schweren Maschinengewehr an einem billigen Zombie ausprobiert.
Ich hatte alle bis auf einen mit Glory-Kills getötet und hatte 125 Schuss für mein Maschinengewehr.
Der Zombie geht nach nur einem Schuss in den Finish-Him Modus und nach zwei bis drei direkt aufeinanderfolgenden Treffern ist er hinüber.
Also beschloss ich mit ihm zu experimentieren und schoss immer nur einmal, um ihn in den Glory-Kill-Me Modus zu versetzen und wartete dann jedesmal, bis er mich wieder angriff.
Als ich die Lust daran verlor, hatte ich nur noch 32 Schuss in meinem Schweren Maschinengewehr.
Das heisst, ich habe 88 Schuss auf einen einzelnen Zombie abgefeuert und er stand noch…
Ich mein, Evil Dead ist ja ganz Ok, aber bei Evil Schweizer Käse hört der Spass auf.
Wenn man Glory-Kills ignoriert, kann man praktisch unbegrenzt Munition an einen Gegner verschwenden, der in diesem Fall im Durchschnitt eigentlich nur um die drei Schuss benötigt.
Der sollte so oder so nach spätestens 4 – 5 Schuss endgültig umfallen, Glory-Kill oder nicht.
Extrapoliert das nun mal auf einen, oder besser 6, Mancubus und rechnet den Fakt ein, dass man nicht immer den Mancubus-Glorykill liefern kann, weil man gerade damit beschäftigt ist, nicht von einem Hellknight den Kopf abgerissen zu bekommen und es sollte klar werden, dass Doom ein Balancingproblem hat, wenn man es nicht EXAKT GENAU SO spielt, wie das Spiel es verlangt.
Und spielt man genau so, reisst der besagte Hellknight einem dann halt direkt nach der Glorykill-Animation den Kopf ab.
Toll.
Kommen wir nun zu den Arenakämpfen, die wieder und wieder und wieder und wieder…….
Es zieht sich viel zu sehr durch das Spiel und macht Doom sehr monoton und fliessband-artig.
Voll ausformulierte Level mit fein abgestimmter Gegnerplatzierung wäre hier besser gewesen.
Die Arenakämpfe waren zwar schon immer ein Teil von Doom (und ein guter dazu), aber ich finde, dass kein Egoshooter gut davongekommen ist, der sich ausschliesslich darauf aufbaut, egal ob Serious Sam oder Painkiller.
Es ist schon bezeichnend, wenn ich schon in der Hölle bin und das Spiel es nicht geschafft hat, wenigstens einmal mich richtig zu überraschen und meine Erwartungen über den Haufen zu werfen oder auf den Kopf zu stellen.
Stattdessen ist ab dem ersten grossen Raum mit dem ersten Gore-Nest alles gesagt und Doom 2016 wirft nur dann und wann ein paar neue Gesichter in die Arena.
Zuletzt könnte ich über die fehlende Horroratmosphäre und die sehr sterile Spielwelt schreiben, aber es ist erstens schon sehr spät und der Post schon sehr lang, zudem ich perfekt verstehe, dass Doom 2016 eher einen 90er Monster-Actionfiguren-Toyline Ansatz verfolgt (Versteht das nicht falsch, ich LIEBE son Zeug) und weiss, was es ist und dahingehend nicht ernstgenommen werden will.
Aber spätestens, wenn in der Hölle dieser total unpassende Electro-Metal blärrt, frage ich mich ernsthaft, ob ich der einzige bin, der die atmosphärischen Horrorelemente eines Doom 64 nicht gerne in das ansonsten fantastische Rahmenwerk von Doom 2016 eingearbeitet gesehen hätte…
Doom 2016 ist kein schlechtes Spiel. Ich mag es sogar ziemlich sehr. Der Satz machte grammatisch keinen Sinn…
Es hat seine Probleme im Balancing, seinem Ton, seiner Stimmung und dieser dämlichen Rumhüpferei, die seit Turok: Dinosaur Hunter eigentlich auf der Roten Liste für Egoshooter-Sünden steht.
Aber zumindest ist es ein unprätentiöses Spiel, mit dem ich durch seinem augenzwinkernden Umgang mit seinen Klischees und seiner herrlich befriedigenden Gewalt doch einiges an Spass haben kann.
Ich hätte aber auch nichts dagegen gehabt, vor Dämonen und der Hölle mal wieder richtig Angst zu haben.
Solange es nicht so Zahnlos wie in Doom 3 umgesetzt ist.
So, weniger edgy 90´s und viel… VIEL mehr grimmig dunkle 80´s.
Naja. Wenigstens habe ich Brutal Doom 64.